7. Glissando


Zusätzliche Warnings: Spoiler für die 3. Staffel von „Legends of Tomorrow"

Zusätzliche Pairings: Hinweis auf Avalance


Zu wissen, dass man sterben würde, war hart. Zu wissen, dass man sein Schicksal hätte ändern können, davon aber abgehalten worden war, war noch härter. Doch am härtesten war es zu wissen, dass einer der wenigen Menschen, die einem wirklich am Herzen lagen, zuließ, dass man sterben würde und dabei geholfen hatte zu verhindern, dass man leben würde.

Leonard starrte auf seinen Kompass, als würde dieser ihn verspotten. Er konnte die Namen Mick Rory und Sara Lance deutlich erkennen. Namen von Leuten, die ihn schützen sollten, doch die stattdessen zuließen, dass er sterben würde.

Es ist eine verdammte Lüge. Die Behauptung, dass dieses Ding irgendetwas zu bedeuten hat, ist eine verdammte Lüge. Ich habe es immer gewusst. Natürlich hatte er es zugleich nicht wahr haben wollen. Hatte gehofft, dass es in Wahrheit doch irgendeine Bedeutung hatte. Dass alles nur ein Missverständnis war. Dass es ein Happy End geben würde. Doch im wahren Leben gab es keine Happy Ends, nicht wahr? Auch das hatte er immer gewusst, tief in seinem Inneren.

Und dann war es auch noch ausgerechnet Mick, der ihn zu seiner Hinrichtung brachte. Oder zumindest zurück in sein altes Leben. Das Leben, bevor er gewusst hatte, wie alles enden würde.

„Ich kann nicht glauben, dass du mich einfach sterben lassen willst", meinte Leonard vorwurfsvoll, „Ausgerechnet du. Was wurde aus all deinen großen Reden, daraus, dass deine Namen zu dir gehören? Oder fällt diese Ehre nur denen zu, die es sich verdient haben? Ich will leben, Mick. Was bitte ist daran so verkehrt?!"

Mick sah ihn mit traurigen Augen an, was Leonard eigentlich dazu bringen sollte sich besser zu fühlen, sich darüber zu freuen, dass es ihm gelungen war dem anderen Mann weh zu tun, doch stattdessen fühlte er sich dadurch nur noch schlechter. Die Tatsache, dass Mick darunter litt, dass er ihn in den Tod gehen ließ, und ihn trotzdem gehen ließ, machte alles nur noch schlimmer. Denn es wäre so viel einfacher zu denken, dass Mick einfach nur ein verdammter Bastard war, wenn das der Wahrheit entsprechen würde.

„Die Zeitlinie muss bewahrt werden, und du musst sie durchleben", erklärte Mick schleppend.

„Ich werde sterben, Mick", betonte Leonard, „Bedeutet dir das gar nichts? Bedeutet ihr das gar nichts?" Er deutete anklagend auf den Namen Sara Lance. Sie war nicht einmal gekommen um sich zu verabschieden. Offenbar konnte sie ihm nicht in die Augen sehen.

„Sie wollte dich nicht so sehen, so voller Angst und Hass. Sie will sich so an dich erinnern, wie sie dich kannte, so wie du gestorben bist", erklärte Mick, „Aber nicht jeder von uns hat diesen Luxus." Leonard schnaubte. „Du hättest es einen von den anderen erledigen lassen können", meinte er unbeeindruckt.

„Ja, aber das wäre feige. Und ich wollte dir noch etwas sagen, Leonard. Schmalzlocke denkt, dass unsere Namen uns mit allen anderen Menschen verbinden, und Amaya denkt, dass sie uns irgendwo hinführen. Und irgendwie haben sie das auch. Deine Namen, Leonard, und meine haben uns auf die Waverider geführt, wo wir zu besseren Menschen geworden sind. Deswegen musst du das alles noch einmal durchleben, damit du ein besserer Mensch wirst. Kein weicherer, nur ein besserer. Einer, der bereit ist für diejenigen, die ihm nahe stehen, zu sterben", erklärte Mick, „Ich weiß, du hast Angst. Und wenn es einen Weg gäbe dich zu retten, dann würde ich es tun. Aber die Wahrheit ist, es war dein Heldenmoment, du durftest sterben und hattest es damit vielleicht sogar besser. Ich musste weiterleben, ohne dich, und ich musste erkennen, dass ich vielleicht besser geworden bin, aber niemals gut genug. Menschen wie wir haben Menschen wie sie nicht verdient. Und das weißt auch du. Ich glaube, tief in deinem Inneren hast du es immer gewusst, und deswegen hast du dich geopfert. Weil du wusstest, dass du ihnen niemals würdig sein könntest. Und manchmal beneide ich dich um dieses Ende."

Leonard schüttelte seinen Kopf. „Das ist doch alles Unsinn. Würdig oder nicht, was spielt das für eine Rolle? Ich will leben verdammt! Und wenn du denkst, dass ich auch nur einen Fuß auf dieses verdammte Zeitschiff setzen werde, nun da ich weiß, was mir passieren wird, dann irrst du dich", erklärte er bestimmt.

„Du wirst dich an nichts erinnern", klärte Mick ihn auf, „Das Letzte, woran du dich erinnern wirst, ist der Moment, bevor Thawne dich rekrutiert hat."

„Und was ist hiermit!" Leonard hielt Mick seinen Kompass unter die Nase. „Denkst du wirklich, mir würde das hier nicht auffallen?!" Mick schnappte seinen Arm und injizierte Leonard etwas. „Das hier ist ein Wahrnehmungsfilter. Er wird dafür sorgen, dass du nur die Namen auf dem Kompass erkennen kannst, an die du dich erinnern kannst. Sobald du Sara trifft, wird seine Wirkung nachlassen, und du wirst ihren Namen wieder sehen. Es wird dir vorkommen, als wäre er gerade erst dort erschienen."

Leonard blinzelte und fragte sich, ob das Zeug, was Mick ihm gespritzt hatte, schon wirkte. „Du hast wirklich an alles gedacht, was?", keuchte er.

„Ja", erwiderte Mick, „Das habe ich." Und dann hielt er Leonard etwas vors Gesicht, und alles um ihn herum wurde hell, und als er sich wieder umblickte, war er alleine und hatte keine Ahnung, wo er war, wie er dort hingekommen war, und was er gerade eben noch getan hatte.

Er warf einen Blick auf seinem Kompass. Drei Namen, einer davon neu. Barry Allen, der Mann, den er nie getroffen hatte, der aber diese Schemen sein musste. Aber was soll ich mit diesem Wissen anfangen?, fragte er sich, Was soll ich jetzt tun? Vielleicht sollte er einfach Mick anrufen….


Nachdem sie Damiens Gedächtnis gelöscht und ihn in seiner Zeit abgesetzt hatte, schluckte sie ihre Bitterkeit herunter und hielt sich vor Augen, dass Oliver ihn töten würde. Dass Oliver Laurel für sie beide rächen würde. Die Integrität der Zeitlinie ist wichtiger als deine Rachefantasien, sagte sie sich. Trotzdem starrte sie gedankenverlorenen auf ihrem Kompass. Das war ihre Chance gewesen das Schicksal von beiden ihrer durchgestrichenen Namen zu ändern, und doch hatte sie es nicht getan.

„Der Schmerz bleibt für immer", sagte Rip, der hinter ihr stand und wohl bemerkt hatte, dass sie in Gedanken war, zu ihr, „Und manchmal ist er einfach Schicksal. Keiner weiß das besser als ich. Ich habe gefühlte Jahre damit zugebracht meinen Kompass ändern zu wollen. Um Miranda und Jonas zurückzubringe, habe ich sogar ein Team von Außenseitern rekrutiert um die Zeitlinie zu verändern."

Sara drehte sich zu ihm um. „Ja, ich erinnere mich dunkel daran", meinte sie.

„Du hingegen, Sara Lance, hattest die Chance alles zu ändern. Zuerst mit dem Speer, und selbst nachdem du ihn unschädlich gemacht hast, war diese Chance immer noch vorhanden. Doch du hast auf sie verzichtet und das Richtige getan, egal wie weh es tut", fuhr Rip fort, „Das macht dich zu einem besseren Captain für dieses Schiff, als ich es jemals war."

Sara wusste, dass das ein Kompliment sein sollte. Und sie war auch dankbar für seine Worte, doch tief in ihrem Inneren konnte sie nicht anders als zu erkennen, dass er ihr gerade gesagt hatte, dass er bereit gewesen war für seine Namen alles zu opfern, während sie eben nicht bereit gewesen war alles für ihre Namen zu tun, was sie tun konnte.

Das machte sie vielleicht zu einem guten Captain, weil sie die Bedürfnisse der Zeitlinie über ihre eigenen stellte, aber machte sie das nicht zugleich auch zu einem furchtbaren Menschen?


„Natürlich bleibe ich an Bord", erklärte Amaya Nathaniel, „Ich wurde von meinem Kompass hierher geführt, zu euch. Hier gehöre ich hin. Zu dir. Und zu Mick und den anderen."

Nathaniel lächelte sanft, zog sie an sich, und küsste sie. „Es freut mich, dass du das sagst", gab er zu, „Ich war mir nicht sicher, was ich tun sollte, wenn du gehen würdest. Ich meine, ja, ich liebe dich, und du stehst auf meinem Arm, aber Ray ist hier, genau wie Mick, und …. Nun, der Gedanke daran sich zwischen meinen Namen entscheiden zu müssen, gefällt mir gar nicht. Jetzt weiß ich, wie Mick sich gefühlt hat."

Amaya nickte. „Mick ist zur Zeit sehr verletzlich", meinte sie, „Wir müssen im Umgang mit ihm vorsichtig sein und dürfen nicht vergessen, dass die Idee von Doomworld für ihn schlimmer ist als für uns andere. Er braucht uns jetzt, ob er es wahr haben will oder nicht."

In diesem Moment kam Ray in ihr Quartier gestürmt. Er erblickte die beiden in ihrer Umarmung. Und stutzte einen Moment lang. Zumindest liegen wir weder im Bett noch sind wir nackt. Trotzdem sollten ich Gideon in Zukunft bitten abzusperren. „Ich wollte nicht stören", sagte Ray dann, „Es ist nur …. Ich …."

Amaya und ihr Liebhaber lösten sich voneinander. „Was ist los, Kumpel?", wollte Nathaniel besorgt wissen.

„Mick, er …. Er hat das Schiff verlassen", erklärte Ray.


Natürlich mussten gleich alle drei kommen. Einfach in Ruhe gelassen zu werden, wäre wohl zu viel verlangt. Mick saß alleine in seiner Lieblings-Bar in Central City und kippte ein Bier nach dem anderen, als sie auftauchten. Sein (Ex)-Liebhaber und seine Freunde. Die, deren Namen, auf seiner Haut stehen sollten, dort aber nicht aufschienen. Er wünschte sich fast, der andere Leonard hätte ihm dieses Detail niemals anvertraut. Nun, aber da der andere Hübsche eine Plaudertasche gewesen war, genau wie sein Gegenstück, hätte er es früher oder später vermutlich sowieso erfahren. Auf jeden Fall schienen sie sich ihm jetzt verpflichtet zu fühlen, und das obwohl sie in dieser Realität nicht einmal wirklich auf seiner Haut standen.

„Ihr hättet nicht kommen sollen", sagte Mick anstatt sie zu begrüßen, „Was wollt ihr hier?"

Die drei wechselten einen verunsicherten Blick miteinander. Natürlich war es Amaya, die den Mut fand, zu sprechen. „Wir wollen, dass du mit uns nach Hause kommst", sagte sie.

„Nach Zamebsi in die 1940'er?", fragte Mick unbeeindruckt.

„Auf die Waverider", korrigierte ihn Amaya, „Ich gehe nirgendwohin, wo meine Seelengefährten nicht sind."

„Schön für dich", erwiderte Mick, „Ich gehe nirgendwohin, wo meine sind."

Das brachte sie erst einmal zum Schweigen. Aber wie Mick sie und die anderen beiden kannte, würde das nicht lange anhalten.

„Ich kann ja verstehen, dass du keine Zeit mit mir verbringen willst, aber Nate und Amaya hast du gerade erst gefunden", meldete sich Schmalzlocke zu Wort, „Du solltest Zeit mit ihnen verbringen. Sehen wo dich dein Weg mit ihnen an deiner Seite hinführt." Natürlich musste er das sagen. Es war doch immer derselbe Scheiß mit Ray Palmer. Der Kompass, der eine Bedeutung haben musste, der Kompass, der einen dorthin führte, wo man hingehörte, der Kompass, der einen mit der Menschheit verband.

Mick zeigte ihnen seinen Kompass, als wäre er eine Herausforderung, was er irgendwie auch war. Er deutete auf Leonard Snarts Namen. „Diesen Namen hier habe ich sterben lassen, nicht nur einmal, sondern zweimal", belehrte er sie, „Keiner mit auch nur ein bisschen Verstand würde mit jemanden wie mir seine Zeit verbringen wollen. Ich habe euch alle verraten, in diesen anderen Leben. Ein paar harte Worte, ein paar Meinungsverschiedenheiten, und ein paar falsche Versprechungen, mehr war dazu nicht nötig. Ihr seid besser ohne mich dran."

„Schon mal daran gedacht, dass wir vielleicht nicht besser dran sein wollen?", hielt der Hübsche dagegen, „Vielleicht wollen wir dich in unseren Leben, egal wie oft du uns verrätst oder enttäuscht oder unter die Erde bringst." Ob ihm klar war, dass das kein Argument zu seinen Gunsten war? Er benutzte Micks Argumente anstatt welche, die Micks Meinung ändern könnten.

„Vielleicht wollt ihr das Risiko ja eingehen. Ich will es nicht", meinte Mick nur und nippte an seinem Bier.

Die drei steckten ihre Köpfe zusammen und flüsterten miteinander. Mick hörte nicht einmal hin. Und dann ging Ray – einfach so, drehte sich nicht einmal mehr nach Mick um. Das hatte er nicht erwartet, und irgendwie enttäuschte es Mick.

Amaya und der Hübsche starrten ihn an. „Was?", wollte Mick wissen, „Das war ein anderes Leben. Wir wissen nicht einmal, ob es in diesem Leben so wäre."

„Doch das wissen wir", erklärte Amaya nur bestimmt, „Du weißt es."

Mick seufzte tief. „Vielleicht habt ihr ja recht, vielleicht weiß ich es. Aber alle sagen doch immer, dass uns der Kompass irgendwo hinführen soll. An ein metaphysisches Ziel. Nun, meiner hat mich hierher geführt", sagte er dann.

„In diese Bar?", wollte Nate zweifelnd wissen.

„Zu der Einsicht, dass ich nicht zu euch auf die Waverider gehöre", erklärte Mick, „Diese Erkenntnis war mein Ziel. Ja, es gab da diesen kurzen Moment, in dem ich gedacht habe, dass ich vielleicht dorthin gehöre, dass ich endlich meinen Platz auf dieser Welt gefunden habe, aber das war es nicht, was mir mein Kompass sagen soll. Der andere Mick ist für dich gestorben, mein Hübscher, aus einem einfachen Grund, weil ich für diejenigen, die zu mir gehören, alles tun würde. Und das Beste, das ich für sie tun kann, ist mich von ihnen fern zu halten. Wenn ihr wirklich meine Freunde seid, dann respektiert ihr meine Entscheidung."

Nate sah ihn niedergeschlagen an und warf dann Amaya einen fragenden Blick zu. Diese nickte. „Nun gut, wenn es das ist, was du wirklich willst", meinte sie dann, und Mick nickte und sah den beiden hinterher, als sie die Bar verließen. Als sie ihn verließen.

So ist es am besten, sagte er sich, So soll es sein und nicht anders.


Sein Geburtstag war der Tag, an dem sich Nate Heywood zu fragen begann, ob er nicht den Punkt erreicht hatte, an dem er nichts mehr verlieren konnte, weil er es nicht verkraften könnte, noch etwas zu verlieren.

In kurzer Folge hatte er Mick, seinen Job und seine Bestimmung, und nun auch noch Amaya verloren. Hätte sie nicht wenigstens einen anderen Tag wählen können um mich zu verlassen?

Er saß in seiner Wohnung, alleine, starrte auf den Fernseher und die Überreste von Amayas Backversuchen und fühlte sich zu erschöpft um nach dem Telefon zu greifen.

Zuerst hatte es gewirkt, als wäre alles gut. Sie hatten die Welt vor der Liga der Verdammnis gerettet. Snart und Darhk waren mit gelöschten Gedächtnis dorthin zurückgebracht worden, wo sie hingehörten. Merlyn war mit seinen Erinnerungen als Strafe ebenfalls dort abgesetzt worden, wo er hingehörte. Rip hatte sich vom Schiff verabschiedet, weil Sara der bessere Captain war. Und ja, Mick hatte sich abgesetzt, aber Amaya hatte immer wieder betont, dass er nur Zeit brauchte um das zu verarbeiten, was geschehen war, dass er bald schon wieder zu ihnen zurückkommen würde.

Und dann – von einem Moment auf den anderen – war die Zeit zerbrochen. Und die Legends waren schuld daran. Rip und ein aus dem Nichts austauchendes Zeitbüro, was er gegründet hatte, nachdem er das Schiff verlassen hatte (ziemlich fleißig für die kurze Zeit), hatte die Legends gefeuert und ihnen die Waverider weggenommen.

Ray hatte das besonders schwer getroffen. Zuerst Mick, nun das. Nate hatte immerhin noch Amaya, die bei ihm bleiben durfte. Zumindest hatte er das angenommen, aber dann war sie aus seinem Apartment verschwunden, während er kurz weggegangen war um etwas zu besorgen. Und bisher war sie nicht wieder zurückgekommen. Und tief in seinem Inneren wusste Nate, dass sie nicht mehr zurückkommen würde. Im Fernsehen war immer wieder ein Einsatz von Vixen zu sehen, aber nicht von Amaya, sondern von der Vixen aus dieser Zeit. Von Amayas Nachfahrin.

Amaya hatte ein Schicksal zu erfüllen. Ray hatte ihn immer wieder gewarnt, aber Nate hatte nicht auf ihn hören wollen. Er war naiver Weise davon ausgegangen, dass das Schicksal nicht so grausam sein konnte die perfekte Frau in seine Leben zu integrieren und ihren Namen auf seinen Arm zu schreiben, nur um sie ihm dann wieder wegzunehmen.

Doch die Wahrheit war: Das Schicksal war so grausam. Mick wäre nie zu ihnen zurückgekommen, Amaya würde niemals zu ihm zurückkommen. Schließlich fand er doch die Kraft den Telefonhörer seines Schnurlostelefons aufzuheben und eine Nummer einzutippen. „Sie ist weg", sagte er, „Amaya ist weg. Ich weiß nicht … ich weiß nicht, was ich machen soll."


„Ich weiß nur eines: Dass wir durch den Kompass niemals alleine sind. Nicht wirklich. Es spielt keine Rolle, ob sie uns spüren können oder nicht, ob sie bei uns sind oder weit weg von uns, ob sie tot sind oder leben - unsere Himmelsrichtungen sind Teil von uns. Vielleicht die besten Teile von uns. Oft höre ich von Menschen, die ihren Kompass verdecken, nachdem sie einen Verlust erlitten haben, und ich habe einige Zeit auch so empfunden. Ich wollte nicht mehr auf meinen Kompass blicken, weil ich dachte, dass ihr Name in rot und durchgestrichen mich immer nur daran erinnern würde, dass ich sie verloren habe. Aber inzwischen sehe ich das anders: Jedes Mal, wenn ich ihren Namen ansehen, dann weiß ich, dass sie ein Teil von mir war, und auf gewisse Weise immer noch ein Teil von mir ist. Dann weiß ich, dass ich niemals wirklich alleine bin, denn sie wird immer bei mir sein. Auch wenn sie schon lange tot ist. … Damit ist die heutige Stunde um. Danke für Ihre Aufmerksamkeit", schloss Ray seinen Vortrag.

Die Studenten erhoben sich und wuselten aus dem Vorlesungssaal. Ray sah berührte Mienen, Studenten mit Tränen in den Augen, andere, die Händchen hielten und nicht vorzuhaben schienen einander jemals wieder loszulassen.

Ja, er konnte sich noch gut daran erinnern, wie es gewesen war so jung zu sein. Wie er voller Hoffnung gewesen war und gehofft hatte durch die Kompassstudien zu erkennen, was der Kompass bedeutete. Niemals alleine. Ja, aber trotzdem verdammt einsam.

Aber damit hatte er sich abgefunden. Wenn man ihn fragen würde wann, dann würde er vielleicht sagen, damals in der Bar, als er die Leere in Micks Augen gesehen hatte. Da war ihm klar geworden, dass sie alle im Grunde ihres Herzens einsam waren, Kompass hin oder her, und dass die Tatsache, dass man jemand anderen in seinem Leben hatte, der auf seiner Haut stand, nichts daran ändern konnte.

Wenn er vor all den Jahren in Professor Steins Vorlesung geahnt hätte, dass er einmal so empfinden würde, hätte er vielleicht alles anders gemacht. Und doch konnte er es nicht bereuen, keine Sekunde lang, sie alle gekannt zu haben, egal wie weh sie ihm getan hatten. Jeder einzelne von ihnen.

Und dann war da Doomworld. Manchmal in seinen Träumen schwappten Erinnerungen über, Erinnerungen an ein anderes Leben, das er nie gelebt hatte. Erinnerungen an eine Ehe mit Anna, die perfekt hätte sein sollen, es aber nicht gewesen war. Erinnerungen daran, wie alles zusammengebrochen war, wie Kompassforschung ihn auch in diesem Leben nicht gerettet hatte.

Als Ray aufsah und ihn in der Eingangstüre zum Vorlesungssaal stehen sah, hielt er ihn im ersten Moment für eine Halluzination. „Schmalzlocke."

Ray ging auf ihn zu und blieb vor ihm stehen und starrte ihn sprachlos an. Er stand mit verschränkten Armen in der Türe des Vorlesungssaals und musterte ihn. „Mick", brachte Ray schließlich über die Lippen. Mehr wusste er nicht zu sagen. Amaya hatte immer gesagt, dass sie Mick einfach von sich aus zu ihnen kommen lassen sollten, aber Ray hatte nie daran geglaubt, dass es jemals soweit kommen würde. Und nun fühlte er sich überfordert. Und eingeschüchtert.

Mick seufzte herzhaft, streckte dann eine Hand nach Ray aus berührte seinen Arm. „Komm", sagte er nur, und Ray folgte ihm.

„Der Professor arbeitet wieder an der Uni, und Jax studiert, allerdings nicht hier bei uns. Sara ist wieder in Star City, ich nehme an sie hilft Team Arrow aus. Amaya ist weg, in ihrer Zeit zurückgegangen, nehme ich an. Und Nate …. Nate lebt bei seinen Eltern", berichtete Ray schließlich pflichtschuldig.

Er wollte nicht daran denken, wie Nate von einem Moment auf den anderen von seinem Radar verschwunden war, und sich einfach nicht mehr gemeldet hatte, und wie Ray ihn mühsam ausgeforscht hatte und ihm aus der Nase hatte ziehen müssen, dass Amaya ihn verlassen hatte. Wie er Nate gefragt hatte, was es wohl bedeutete, dass ihr Name auf seinen Arm nicht durchgestrichen war, dieser aber nur gemeint hatte die Antwort würde ihn nicht kümmern.

Ich bin immer noch da!, hätte Ray ihn am liebsten angeschrienen, Es tut mir leid, dass Amaya weg ist, es tut mir leid, dass Mick weg ist, aber ich bin immer noch da! Natürlich hatte er Nate nicht angeschrien. Er war Ray Palmer, er hasste Konflikte. Er hatte es aufgegeben, von seinen Himmelsrichtungen mehr zu fordern, als sie geben konnten. Offenbar brauchten und wollten sie ihn nicht so, wie er sie brauchte und wollte. Damit musste er leben. Und er redete sich ein das auch zu können.

Mick erwiderte nichts auf den Bericht. Ray wollte ihn fragen, warum er hier war, aber er traute sich nicht. „Ich hab dich vermisst, Schmalzlocke", meinte Mick nur voller ehrlicher Zuneigung.

„Ich hab dich auch vermisst", erwiderte Ray leise.

Mick „mhmte" nur, nahm Rays Hand in seine, und sagte nichts mehr. Ray hätte ihn gerne gefragt, wohin sie gingen, doch er tat es nicht, stattdessen ließ er sich führen. Sara erwartete sie, Nate saß neben ihr. Ray freute sich beide zu sehen, fragte sich aber, was dieses Legends-Wiedersehen sollte. „Wir sind das Team, das die Zeit zerbrochen hat", meinte Sara schließlich, „Das wird nicht unser Erbe sein."

Ray sah seine beiden Himmelsrichtungen fragend an. Die nickten nur. „Mick hat Julius Cäsar", sagte Sara dann, „Und wir werden Rip beweisen, dass wir keine Versager sind, sondern wissen, was wir tun … Indem wir die Waverider stehlen und Cäsar wieder dort abliefern, wo er hingehört."

Das hörte sich zu gut an um wahr zu sein. Und nach einem furchtbaren Plan. Und nach etwas, das mit Sicherheit schief gehen würde. Ray konnte aber sehen, wie Mick und Nate alleine von der Aussicht begeistert waren. Und er hatte beschlossen sich dorthin führen zu lassen, wo er hingehörte, nicht wahr? Und die Waverider zurückzubekommen, hörte sich besser an, als alles andere, was er sich wünschen konnte.

„Ich bin dabei", sagte er also, und Mick, der immer noch seine Hand hielt, was Ray erst jetzt bemerkte, drückte diese zustimmend.


Ein Kompass führt seinen Besitzer meistens zum Ziel. Aber nicht immer auf direkten Weg. Die Legends stahlen ihr Schiff, machten Ärger und besiegten diesen Ärger, durften für das Zeitbüro arbeiten, und taten, was sie konnten um erneut die Welt zu retten.

Amaya Jiwe kehrte dorthin zurück, wo sie hingehörte, auf die Waverider - sie kam als Gast, blieb weil sie Hilfe brauchte, und blieb dann endgültig um ihrer neusten Himmelsrichtung zu helfen: Zari Tomaz, einer Totemträgerin aus der Zukunft. Nate Heywood liebte sie immer noch, und sie ihn, und sie wurden wieder ein Paar. Ihr Schicksal war es eines Tages in ihr Heimatdorf zurückzukehren, und eines Tages würde ihr Kompass sie dorthin führen, aber erst in ferner Zukunft.

Sara Lance sah ein, dass ein guter Captain und ein guter Mensch manchmal dasselbe war und manchmal nicht. Sie fand es in sich sich selbst zu verzeihen und fand Liebe.

Mick Rory hörte auf sich selbst zu bestrafen für Dinge, die zum Glück niemals wirklich passiert waren, und für Dinge, die passieren hatten müssen. Er fand zu sich selbst, fand heraus, dass es in Ordnung war Freunde zu haben, dass es in Ordnung war schwach zu sein und manchmal auch selbstsüchtig, und begann einen Roman zu schreiben. Und er fand Ray Palmer wieder. In all dem Chaos zwischen den Zeiten und in seinem Herzen, das ihm sagte, dass man den, den man liebte, zwar gehen lassen konnte, aber nur dann gehen lassen sollte, wenn dieser auch gehen wollte.

Ray Palmer fand seine Bestimmung. Die Zeit zu beschützen mit all jenen an seiner Seite, die dorthin gehörten. Mit all jenen, mit denen er verbunden war. Heute, morgen, und für immer. Und er wusste nun, dass sie ihn manchmal vielleicht verlassen würden, ihn manchmal wegstoßen würden, manchmal grausam zu ihm sein würden, wie er niemals zu ihnen grausam sein könnte, aber dass sie immer wieder zu ihm zurückkommen würden, und er darauf vertrauen konnte und sollte. Und dass er deswegen nicht nur niemals alleine war, sondern auch niemals auf Dauer einsam.

Und Leonard Snart, der gestorben war um sein Team zu retten, der gestorben war um seinen Norden zu retten, wurde manchmal wieder gesehen, als wäre er in Wahrheit gar nicht tot. Als wäre er mehr als nur Staub und Erinnerung. Und vielleicht war er das ja auch. Vielleicht war er in Wahrheit gar nicht gestorben, sondern nur fort an einem anderen Ort, an dem ihn seine Kompassgefährten nicht erreichen konnten. Und vielleicht würde er eines Tages von diesem Ort zurückkehren.

Oder auch nicht.

Jeder Kompass besitzt vier Richtungen. Und jedes Schicksal, so sagt man, vier mögliche Ausgänge. Und fest steht nur, dass keiner seines alleine erreichen muss. Zumindest nicht wirklich.


Fin.


A/N: Das ist das Ende dieser Fic. Auf meinem Arrowverse-Blog ( afaimsarrowverse . tumblr .com - ohne Abstände) werde ich noch eine Aufstellung aller Charaktere mit ihren Kompassen posten, für diejenigen, die das interessieren sollte. (Nicht alle kamen in dieser Fic vor).

Ich hoffe ihr hattet Freude an diesem Verse und seiner Hintergrundidee. Da ich am Anfang noch nicht genau wusste, wo ich storytechnisch hinwollte, war ich selbst etwas überrascht über einige Wendungen, aber ich denke, ich konnte vermitteln, was ich letztlich vermitteln wollte.

Abschließende Reviews würden mich sehr freuen.