Disclaimer: Weder Plot noch Figuren gehören mir. Das gilt sowohl für dieses Kapitel wie auch für alle folgenden.

Anmerkung: Das Original dieser Geschichte heißt "The Silent Snake" und stammt von Metallicafangirl, mit deren freundlicher Erlaubnis ich übersetze.
Die Geschichte ist auf FF-Net hier zu finden: /s/1450475/1/

Die Idee, Blaise' Charakter auszubauen, finde ich sehr interessant, da das – zumindest bei den deutschen Geschichten – noch nicht so ein abgegrastes Feld ist. Es wird also Zeit, daß ihm mal eine Geschichte gewidmet wird, besonders jetzt, wo er ja sogar ins Menü aufgenommen worden ist. Wahrscheinlich kommt also nach dieser Geschichte noch eine andere mit Hermine und Blaise, die ich auch sehr schön finde. Mal sehen.

So, falls jetzt noch jemand das hier liest: Viel Spaß!

Kommentare sind natürlich wie immer willkommen. :)

Achtung, alte Rechtschreibung!


Kapitel 1
Der Raum der Wünsche

Hermine setzte sich in einen der bequemen Sessel in der Bibliothek von Hogwarts. Die anderen Gryffindors spielten im Gemeinschaftsraum Wahrheit oder Pflicht, und sie hatte die Gelegenheit genutzt zu entfliehen, als alle Harry und Ginny zugesehen hatten, die dank Lavender gezwungen waren, sich vor dem gesamten Gemeinschaftsraum zu küssen.

Spiele wie Wahrheit oder Pflicht machten ihr keinen Spaß. Für sie waren es nervige Ablenkungen, die sie davon abhielten, etwas Sinnvolles mit ihrer Zeit anzufangen. Deshalb war sie im Augenblick in der Bibliothek. Die Bibliothek war seltsamerweise über die Bettruhe hinaus geöffnet, und die Schüler durften sich darin aufhalten, obwohl sie laut Schulordnung eigentlich in ihren Schlafsälen sein sollten.

Für dieses Schlupfloch war sie im Moment unendlich dankbar. Sie hatte es in der sechsten Klasse in einem Schülerhandbuch gefunden. Es ermöglichte ihr, auch dann weiterzulernen, wenn schon längst Bettruhe war. Und solange sie niemand auf dem Rückweg von der Bibliothek erwischte, verstieß sie nicht direkt gegen Vorschriften.

Sie lächelte. Der Spruch „Man darf sich nur nicht erwischen lassen" hätte genauso gut das Slytherin-Motto sein können, aber für heute Abend war es ihres. Wo sie gerade bei Slytherins war, sie hatte heute Abend noch keinen von ihnen die Korridore durchstreifen sehen, was merkwürdig war, denn normalerweise schienen sie immer unterwegs zu sein, ganz gleich, wie spät es war.

Sie seufzte glücklich und vergrub die Nase in ihrem Lieblingsbuch, Eine Geschichte von Hogwarts, und vergaß die Welt um sich herum für den Moment. Egal wie oft sie es gelesen hatte, das Buch war immer noch faszinierend.

ooOOoo

Die Tür der stillen Bibliothek öffnete sich knarrend, und eine große, schlanke Gestalt schlüpfte hinein, verdeckt von den dunklen Schatten. Das Mondlicht zeichnete Muster auf den Boden und erzeugte ein unheimliches, silbernes Licht im Raum, in dem die letzte Kerze vor einigen Stunden gelöscht worden war.

Leise Schritte schienen in der Stille zu hallen, als die Person schnell zum hinteren Ende der Bibliothek ging, wo die Bücher für Fortgeschrittene aufbewahrt wurden. Dort waren außerdem die Jahrbücher und Schülerverzeichnisse, verwahrt zwischen ‚Arithmantik für Abhängige' und ‚Berühmte Feuerspucker'.

Die leise Gestalt schlich um ein Bücherregal und hielt einen Augenblick inne, anscheinend lauschend. Nichts als ruhige Atemzüge, die die Stille durchbrachen, und die Gestalt wollte gerade einen weiteren Schritt machen, als eine Stimme durch die Nacht schallte.

„Suchst du was?" fragte sie.

Die Gestalt schrak zusammen und fuhr herum, um sich einem braunhaarigen Mädchen gegenüberzusehen, das ruhig an einem der Tische saß und im Mondlicht ein Buch las. Sie lächelte leicht, blätterte eine Seite um und richtete ihren Blick wieder auf das Buch.

„Wann wirst du zum nächstbesten Lehrer laufen, um mich zu verpetzen?"

Das Mädchen hob den Kopf und zog eine Augenbraue hoch.

„Blaise Zabini. Ich hatte mich schon gefragt, wo ihr Slytherins euch versteckt", kommentierte sie, rührte sich aber nicht.

„Willst du mich gar nicht anschwärzen?" fragte Blaise verwirrt und wartete darauf, daß sie sich aufrappelte und nach Professor McGonagall schreiend zur Tür hinausrannte.

„Was? Und mir selber auch Nachsitzen einhandeln? Sei nicht albern. Außerdem, du brichst keine Schulregeln, indem du dich hier aufhältst – jedenfalls nicht, soweit ich weiß – also hab ich keinen Grund, dich zu verraten." Sie zuckte mit den Schultern.

Blaise blinzelte. Er kam rasch zu ihr herüber, setzte sich auf den Stuhl neben ihr und beugte sich vor.

„Wie kannst du sagen, daß ich keine Regeln breche? Ich bin weit nach dem Ausgehverbot in der Bibliothek, und du auch", sagte er und sah sie an, eine Braue in die Höhe gezogen.

„Es ist verboten, nach der Bettruhe auf den Fluren zu sein, sich in der Bibliothek aufzuhalten nicht", informierte sie gelassen. „Ich hab es in einem der Schülerhandbücher da drüben gefunden." Sie zeigte mit einem Daumen über ihre Schulter.

Blaise lehnte sich zurück. Das war allerdings interessant. Slytherin würde von dieser Information sehr profitieren. Aber er war nicht hier, um sich über Vorschriften zu unterhalten. Er hatte andere Dinge zu tun.

„Interessant", erwiderte er, „unglücklicherweise habe ich noch was anderes vor. Weißt du, wo ‚Eine Geschichte von Hogwarts' steht? Ich hab meine Ausgabe verloren."

Sie hielt lächelnd das Buch hoch, das sie las. Auf dem abgenutzten Umschlag stand in verblichenen goldenen Lettern: Eine Geschichte von Hogwarts. Blaise fluchte leise. Jetzt mußte er noch länger warten.

„Du kannst es haben, ich hab es sowieso schon gelesen", sagte sie und reichte ihm das Buch.

„Danke", sagte Blaise, überrascht, daß sie ihm das Buch gab, obwohl sie es noch nicht durch hatte.

„Gern geschehen. Viel Glück auf dem Weg zurück zum Gemeinschaftsraum. Filch ist auf dem Kriegspfad, jemand hat Mrs Norris pink gefärbt", warnte sie.

Blaise nickte, wobei seine schwarzen Locken wippten, und verließ die Bibliothek. Seine Mission war beendet. Mit der Hilfe einer Gryffindor, so merkwürdig das war. Und nicht irgendeiner Gryffindor, sondern Hermine Granger, einer der exaktesten Schülerinnen von Hogwarts.

Das war ein Mysterium, das er ein andermal lösen mußte. Im Augenblick war sein vorrangiges Ziel, in die Kerker zurückzukommen, ohne Filch zu begegnen. Er konnte nicht anders, als zu lächeln, als er sich Mrs Norris in Pink vorstellte, während er durch die Schatten der dunklen Flure glitt.

Er hatte fast die Treppe erreicht, die in die Kerker hinunterführte, als er vom anderen Ende des Korridors Schritte näherkommen hörte, und er erstarrte. Er konnte sich nirgends verstecken, und gleichgültig wie schnell er war, er würde es niemals die Treppe hinunter schaffen, bevor Filch ihn fand. Auf dem Flur erwischt zu werden, mit einem Bibliotheksbuch in der Hand, nach der Ausgehsperre, würde ihm mehr als einmal Nachsitzen bescheren.

Während er dastand und überlegte, ob er Filch verhexen und vielleicht damit davonkommen oder lieber seine Strafe akzeptieren sollte, wurde er plötzlich von etwas angesprungen, das ihn in ein an der Wand hängendes Banner stieß, welches unter seinem Gewicht nachgab und ihn gegen die Wand einer kleinen Einbuchtung krachen ließ.

Seine erste Reaktion war zu schreien, aber jemand schlug ihm eine Hand vor den Mund. Sein zweiter Gedanke war, daß Filch von dieser Nische wußte, und daß er ihn finden würde – und seinen Angreifer, wer immer es war. Sein dritter Gedanke war, daß er seinen Angreifer verfluchen sollte, aber er wurde gegen die Wand gedrückt, seine Arme an seine Seiten gepreßt, wodurch sie nutzlos waren.

Etwas wurde über ihn geworfen, und er blickte in Hermine Grangers braune Augen. Sie war diejenige, die ihn an die Wand preßte, mit der Hand über seinem Mund, was verhinderte, daß er etwas sagte oder auch nur zu laut atmete. Sie warf ihm einen Blick zu, der klar besagte, er solle den Mund halten, wenn er nicht sterben wolle, und drehte leicht den Kopf, um nach den Schritten draußen zu horchen.

„Ist da irgend jemand, meine Süße?" fragte Filch, der anscheinend mit seiner Katze redete.

Ein „Miau" antwortete ihm, und die beiden hörten ihn auf ihr Versteck zukommen.

Blaise beobachtete, wie Hermine die Augen schloß und die Lippen wie zum Gebet bewegte. Er wünschte, er könnte es ihr gleichtun, aber sie hatte leider noch immer ihre Hand vor seinem Mund.

Zu seinem Entsetzen zog Filch das Banner zur Seite und sah sie direkt an. Blaise wußte, sie waren erledigt. Aber Filch grummelte nur undeutlich, ließ das Banner zurückfallen und ging mit seiner Katze redend davon.

Hermine lehnte sich zur Seite und beobachtete Filch durch den Spalt zwischen der Wand und dem Banner. Sie hatte ihre Hand immer noch nicht weggenommen. Sie stieß einen Seufzer aus, als Filch um eine Biegung im Korridor verschwand, und erlaubte sich ein Lächeln.

„Gott sei Dank", flüsterte sie.

Blaise versuchte zuzustimmen, biß ihr aber nur beinahe in die Handfläche. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, bemerkte dann aber ihre Hand, zog sie weg und murmelte eine Entschuldigung. Er hob eine Augenbraue, sagte aber nichts.

„Komm schon. Wenn wir hier bleiben, wird Filch uns finden", wisperte sie und packte seinen Ärmel.

Zu überrascht, um zu widersprechen, und weil er keine wütende Gryffindor im Nacken haben wollte und ohnehin glaubte, daß es das Beste war, folgte er ihr. Sie zog ihn aus der Nische heraus und den Flur hinunter, während sie sich unablässig umsah und so leise wie möglich atmete.

Blaise bemerkte den sonderbaren, schimmernden Stoff, der sie umhüllte, traute sich aber nicht, danach zu fragen. Er war Zeuge der Ohrfeige gewesen, die sie Draco Malfoy verpaßt hatte, und er wollte nicht auch eine kassieren.

ooOOoo

Sie gingen durch mehrere Flure und einige Treppen hoch und runter. Nach einer Weile wurde Blaise darauf aufmerksam, daß sie im Kreis liefen, zuerst weg vom Slytherin-Gemeinschaftsraum und dann wieder zurück.

Hermine schien zu wissen, wohin sie ging, daher sah Blaise keinen Grund sich zu beschweren, immerhin hatte sie ihn knapp vor Nachsitzen mit Filch bewahrt. Er begann sich allerdings etwas Sorgen zu machen, da sie kein Wort gesprochen hatte, seit sie die Nische verlassen hatten.

Sie gingen gerade durch einen Korridor im oberen Teil des Schlosses, als sie wieder Filch hinter einer Biegung vor sich hin murmeln hörten. Und wieder hatten sie kein Versteck, jedenfalls dachte er das. Hermine sah das jedoch anders.

Sie blieb auf der Stelle stehen und brachte ihn um ein Haar zu Fall, als sie herumwirbelte. Sie schien gefunden zu haben, was sie gesucht hatte, und schleifte ihn auf die Wand zu. Er war todsicher, daß hier nichts gewesen war, als sie vor ein einer Sekunde hier vorbeigekommen waren, aber jetzt war da eine Tür, die Hermine öffnete und ihn hindurchzerrte.

Sie schloß die Tür und lehnte sich dagegen, während sie zuhörte, wie Filch den Korridor entlangging, immer noch mit Mrs Norris sprechend. Er näherte sich der Tür, und sie konnten ihn brummeln hören. Er klang sehr nach jemandem, der in St. Mungos' Abteilung für geistige Gesundheit gehörte.

„Diese Tür erkenn ich nicht wieder. Sollen wir das mal untersuchen, meine Süße? Nein, sie ist verschlossen", sagte er, als er am Türknopf rüttelte. Die Tür bewegte sich nicht.

Er ging davon. Sobald seine Schritte verhallt waren, versuchte Hermine, die Tür zu öffnen, aber die rührte sich nicht. Sie zückte ihren Zauberstab und flüsterte „Alohomora", aber nichts passierte. Mit einem Seitenblick auf Blaise versuchte sie es erneut. Nichts geschah.

Sie wurde leicht hysterisch und rüttelte am Türknopf, obwohl es nichts brachte, bis sich eine Hand über ihre legte. Sie blickte auf und sah in Blaises blaue Augen. Er schüttelte den Kopf, so daß ihm sein schwarzes Haar in die Augen fiel.

„Nicht. Er könnte dich hören", flüsterte er.

„Verdammt. Warum passiert so was immer mir?" Hermine seufzte und lehnte sich an die Tür, wobei ihr versehentlich der Tarnumhang von den Schultern rutschte und auf dem Boden landete.

Blaise betrachtete ihn und bückte sich, um ihn aufzuheben. Er hielt den schimmernden Stoff in den Händen und prüfte ihn gründlich. Er warf ihr einen Blick zu und hielt ihn ihr mit einer Hand hin. Sie erwiderte seinen Blick, den Kopf zur Seite geneigt, und wartete darauf, daß er Fragen stellte.

„Was ist das?" fragte er schließlich, als er es leid wurde, darauf zu warten, daß sie etwas sagte.

„Ein Tarnumhang", antwortete sie. Als sie seinen Gesichtsausdruck sah, fügte sie hinzu: „Frag nicht."

Er blinzelte, offensichtlich überrascht, daß sie etwas so Teures besaß, aber er entschied, die Sache nicht weiter zu verfolgen, ließ den Umhang fallen und machte einen Schritt nach vorn, um zu sehen, ob er die Tür aufkriegen konnte. Er konnte nicht. Kein Öffnungszauber funktionierte, ebensowenig wie der Versuch, die Tür mit einer Sicherheitsnadel zu öffnen, eine Fähigkeit, die Hermine dazu veranlaßte, sich zu wundern, was er in seiner Freizeit tat.

Nach einer Weile gab er auf, warf die Sicherheitsnadel mit einem zornigen Blick weg und setzte sich, den Rücken an die Wand gelehnt. Hermine tat es ihm nach und sah ihn neugierig an. Sie hatte ihm vorher nie viel Beachtung geschenkt, da er immer recht verschlossen zu sein schien.

„Wir sitzen hier fest, bis uns jemand vermißt", sprach sie schließlich aus, was er zu äußern gezögert hatte.

Er schüttelte wieder den Kopf, starrte wütend an die Wände und fuhr sich mit den Händen durch die Haare.

„Scheiße!"

Hermine hob eine Augenbraue, als er dem einen Strom von gemurmelten Flüchen folgen ließ, in einer Sprache, die sich nach Französisch anhörte. Sie war nicht sicher. Sie selbst sprach kein Französisch, aber sie hatte es oft genug gehört, um es wiederzuerkennen.

„Kann ich mir das ausleihen?" fragte sie und zeigte auf die Ausgabe von ‚Eine Geschichte von Hogwarts', die er immer noch unter den Arm geklemmt hielt.

„Er starrte sie einen Moment an, gab ihr dann aber das Buch. Sie nahm es und begann, nach jeglicher Erwähnung dieses Raums zu suchen, während sie Blaises Flüchen zuhörte. Sie verkniff sich ein Lächeln, als er wieder die Sprache wechselte und mit den obszöneren Schimpfworten begann, hob aber die Augen nicht von dem Buch.

Sie wußte, sie sollte eigentlich wissen, was dies für ein Raum war, aber sie konnte sich nicht erinnern. Sie war schon einmal hier gewesen, aber sie hatte vergessen weswegen. Ein nagendes Gefühl sagte ihr, daß es wichtig war. Sie blätterte eine Seite um, und ihr Blick fiel auf einen Absatz, der den Raum der Wünsche beschrieb. Plötzlich erinnerte sie sich. Hier hatten sie die Treffen mit Dumbledores Armee abgehalten. Sie klappte das Buch wieder zu.

„Ich habe gute und schlechte Nachrichten", begann sie.

Blaise hob den Kopf und unterbrach seine Tirade für den Augenblick, um ihr zuzuhören.

„Die gute Nachricht ist, daß ich weiß, wo wir sind. Ich weiß auch, wie wir hier rauskommen werden. Die schlechte Nachricht ist, daß sich die Tür nicht öffnen wird, bis um vier Uhr morgens Filchs Runde zu Ende ist", erklärte sie und hielt ihren Zauberstab bereit, für den Fall, daß Blaise wütend werden sollte.

Er wurde wütend. Er starrte sie sprachlos an und fuhr sich dann vor sich hin murmelnd mit der Hand durchs Haar. Er zog eine Uhr aus seiner Tasche und warf einen Blick darauf.

„Du sagst also, daß ich hier drinnen für vier Stunden mit dir festsitze?" fragte er und versuchte, die Ruhe zu bewahren.

„Sieht so aus." Sie zuckte mit den Schultern.

„Toll. Das ist einfach großartig", erwiderte er und warf verzweifelt die Hände in die Luft. „Ich sitze in einem verdammten Schrank fest, mit einer verdammten Gryffindor! Warum konnte ich nicht einmal Glück haben und mit jemandem aus Ravenclaw eingesperrt werden?" Er sprach jetzt zur Decke, offensichtlich verzweifelt.

„Ich hab immer gewußt, daß Slytherins ein bißchen anders sind, aber ich hatte keine Ahnung, daß sie vollkommen verrückt sind. Warum redest du mit der Decke?" fragte sie und hob eine Braue.

„Ach ja? Tief im Inneren ist jeder ein Slytherin. Die Slytherins sind darin nur zufällig besser als die anderen Häuser", gab er zurück.

„Jeder ist ein Slytherin? Ist dir aufgefallen, daß du dich gerade selbst beleidigt hast?" fragte Hermine amüsiert.

„Du sagst „Slytherin" als ob das etwas Schlechtes wäre. Hätte ich die Wahl zwischen Slytherin und Gryffindor würde ich mich jederzeit wieder für Slytherin entscheiden. Wenigstens haben wir nicht diesen selbstmörderischen Heldenkomplex", spöttelte Blaise.

„Wenigstens bringen wir Gryffindors uns nicht mit unseren finsteren Plänen in ein frühes Grab", schnappte Hermine.

„Natürlich nicht, Gryffindors könnten könnten nicht mal einen Plan schmieden, der sie aus einem nassen Pappkarton herausbringt!"

„Und unsere Hauskameraden fallen uns nicht in den Rücken." Hermine wechselte das Thema, wenn auch nur leicht.

„Wir erwarten nicht, daß die anderen Slytherins für uns Selbstmord begehen", erwiderte Blaise, womit er auf die Gewohnheit der Gryffindors anspielte, sich für die gute Sache zu opfern.

„Das tun wir auch nicht. Ich kann einen Haufen Idioten, die sich umbringen wollen, nicht aufhalten, oder?" stieß Hermine aus. Sie war wütend auf ihn, er hatte sie an den Tod mehrerer Bekannter erinnert.

„Also gibst du zu, daß ihr Idioten seid?" Blaise hob eine Augenbraue.

„Nein, ich gebe zu, daß die anderen Idioten sind. Ich bin klug", gab Hermine zurück. Sie begann tatsächlich, sich zu amüsieren.

„Du bist klug? Mhm, und deshalb sitzen wir in einem Schrank fest." Blaise nickte sarkastisch.

„Hey, es ist kein Schrank, das hier ist der Raum der Wünsche! Und wenn du nicht dumm genug gewesen wärst, dich beinah von Filch erwischen zu lassen, dann wären wir gar nicht hier!"

„Ich? Dumm? Du bist diejenige, die mich angesprungen und an die Wand gedrückt hat! Ernsthaft, wenn du mich so dringend wolltest, hättest du einfach fragen können." Blaise grinste.

„Hätte ich jemals zu einem Grad den Verstand verloren, daß ich auch nur daran gedacht hätte, dich zu wollen, dann hätte ich mich im St. Mungos eingesperrt, glaub mir. Und wegen des Anspringens: Niemand verdient Nachsitzen mit Filch. Nicht einmal Malfoy." Hermine schnaubte.

„Mir würden ein paar Leute einfallen, die Nachsitzen mit Filch verdient hätten. Wer geglaubt hat, sich in diesem Raum zu verstecken wäre eine gute Idee, klingt wie ein guter Kandidat." Blaise warf ihr einen Blick zu.

„Also wirklich, ich rette dich vor Filch, ich erspare dir das Nachsitzen und verhindere, daß du diverse Hauspunkte für Slytherin verlierst … Was zum Teufel verlangst du von mir?" Sie rollte die Augen.

„Eine Entschuldigung dafür, daß ich gezwungen bin, deine Gegenwart für vier verdammte Stunden zu ertragen, wäre ein guter Anfang", sagte Blaise hoffnungsvoll.

„In deinen Träumen, Junge."

„Ich hasse es, dich enttäuschen zu müssen, aber ich träume nicht von dir", antwortete er kopfschüttelnd.

„Gott sei Dank, wenn du das tätest, hätte ich jetzt Albträume." Hermine schauderte.

„Das ist meine Lebensaufgabe", antwortete Blaise mit vor Sarkasmus triefendem Ton. „Ich lebe nur, um dir Albträume zu bereiten.

„Sind wir heute sehr sarkastisch?" fragte sie mit einem leichten Lächeln.

„Nein, denkst du?" entgegnete er. Er lächelte ebenfalls, versuchte es aber zu verbergen.

„Das ist eine Aktivität, zu der ich manchmal mein Gehirn benutze, das ist richtig. Nicht daß du darüber viel wüßtest", schoß sie zurück.

„Nur manchmal? Ich wußte doch, daß an dir irgend etwas merkwürdig ist. Ich frage mich, wie du deine Prüfungen bestanden hast, wenn du nur ab und zu denkst", neckte er.

„Es erstaunt mich, daß du tatsächlich ausreichend Gehirnkapazität hast, um über irgend etwas nachzudenken." Sie warf ihm einen Seitenblick zu, bevor sie wieder zur Tür blickte.

„Entgegen der weit verbreiteten Auffassung bist du nicht die Einzige im Schloß, die Verstand hat." Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.

„Wenn das wahr ist, dann versteckst du es verdammt gut." Hermine konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.

Die Wahrheit war, daß sie sich außerordentlich gut unterhielt, obwohl sie mit einem Slytherin in einem Schrank eingesperrt war. Sie zeigte es nicht oft, aber sie hatte einen sarkastischen Sinn für Humor. Eine gute Beleidigung konnte sie ebenso zum Lachen bringen wie ein Witz. Das war auch der Grund, weshalb sie versuchte, in Zaubertränke nicht aufzufallen. Snape hatte tatsächlich Sinn für Humor, er verbarg es nur gut. Diejenigen um ihn herum zu beleidigen und zu erniedrigen, war seine Art, witzig zu sein.

„Oh, wir sind sehr gute Schauspieler, wußtest du das nicht?" sagte Blaise affektiert.

„Das müßt ihr wohl, niemand kann so dämlich sein."

„Da muß ich widersprechen, Crabbe und Goyle können so blöd sein." Blaise schniefte verächtlich.

„Ich dachte, es wäre nicht möglich, einen IQ in negativen Zahlen zu haben, aber diese beiden haben mir das Gegenteil bewiesen." Hermine zuckte die Schultern.

„Es ist unmöglich, einen negativen IQ zu haben. Crabbes und Goyles IQs erreichen zusammengenommen eine beeindruckende Drei." Blaise grinste.

„Wirklich? Ich persönlich hätte nie gedacht, daß sie über eine Zwei kommen würden. Ich wette, ihre Mütter sind stolz."

„Das sind sie bestimmt, es ist eine große Leistung für die beiden." Blaise schnaubte wieder, während er versuchte, nicht zu lachen.

„Oh ja. Wie viele ZAGs haben sie doch gleich bekommen? Zwei? Drei?" fragte Hermine, während sie sich insgeheim freute, daß ihn fast zum Lachen gebracht hatte.

„Ich hab sie gefragt, aber sie haben gesagt, daß sie so weit nicht zählen können.

„Das heißt nichts, sie können nicht weiter als bis Drei zählen, ohne durcheinanderzukommen."

Diesmal lachte Blaise. Nur kurz, aber es war ein Lachen, und Hermine fühlte sich danach, vor Freude auf und ab zu hüpfen, weil sie es endlich geschafft hatte, einen Slytherin dazu zu bringen, mit ihr zu lachen, nicht über sie. Während sie hier im Raum der Wünsche auf dem Fußboden saß und mit dem geheimnisvollsten Mitglied des Hauses Slytherin Beleidigungen austauschte, amüsierte sie sich so gut wie schon seit Wochen nicht mehr.

ooOOoo

Sie hatten sich schon eine ganze Weile gegenseitig beleidigt, als Blaise wieder seine Uhr hervorholte, um nach der Zeit zu sehen. Er steckte sie grinsend wieder in die Tasche und sah Hermine an, die noch immer an der gegenüberliegenden Wand saß.

„Ich fürchte, die Zeit ist um. Würdest du die Tür überprüfen?"

„Seh ich für dich wie eine Hauselfe aus?" konterte sie, sah aber nach der Tür.

„Nein, du bist zu klein", erwiderte Blaise ernsthaft.

„Ach, halt die Klappe, ja?" bat sie grummelnd, lächelte aber, als sich die Tür öffnete. „Jetzt komm schon, Filchs Runden sind zu Ende, aber Snape beginnt seine Kontrollgänge in einer halben Stunde, und dann möchte ich gerne in meinem Schlafsaal sein." Sie sammelte den Tarnumhang auf und warf ihn über sie beide.

Er lachte leise, folgte ihr aber aus der Tür. Sie packte wieder seinen Ärmel und zog ihn Richtung Kerker. Bald standen sie vor dem Gemeinschaftsraum der Slytherins, und Blaise sah sie mit gehobener Augenbraue an.

„Woher genau weißt du, wo der Slytherin-Gemeinschaftsraum ist?"

Sie lächelte ihn an und zwinkerte.

„Du hast doch nicht gedacht, daß ich zum ersten Mal nachts draußen war, oder? Außerdem, ein Mädchen muß ein paar Geheimnisse haben", erwiderte sie, bevor sie unter dem Umhang verschwand und ihn scheinbar allein im Flur zurückließ.

„Seltsam", murmelte er, bevor er sich zur Wand umdrehte und das Paßwort nannte. „Draco Dormiens."

Die Wand öffnete sich und enthüllte den Gemeinschaftsraum. Er bemerkte nicht, daß Hermine noch im Korridor war und soeben das Slytherin-Paßwort gehört hatte. Sie grinste vor sich hin und begann, die Treppen nach Gryffindor hinaufzusteigen. Dieses Paßwort würde eines Tages vielleicht noch nützlich sein.