33. Kapitel: Ende und Anfang


Reue ist Verstand, der zu spät kommt." – Ernst Freiherr von Feuchtersleben


„Verschwinden wir von hier, aber schnell!", verkündete Snape, was Sirius aus seiner Schock-Starre riss. Ja, es war wirklich passiert: Snape hatte gerade vor seinen Augen und denen diverser Todesesser Dumbledore getötet. Und nun hatte er Draco gepackt und verließ gefolgt von den anderen Todesessern den Tatort. Ich kann nicht glauben, dass er es wirklich getan hat. Wie soll er da jetzt wieder rauskommen?!, fragte sich Sirius verzweifelt. Wie sollte da überhaupt irgendjemand wieder raus kommen?!

Sirius folgte seinem Schützling und fühlte sich in seiner Frage bestätigt, als er sah, wie rund um sie alle herum Kämpfe zwischen den Mitgliedern des Orden des Phönix und den Todesessern tobten. Snape schien sich nicht für die Kämpfe zu interessieren, sondern nur für seine Flucht, etwas, das Sirius für eine gute Idee hielt. Auf jeden Fall für eine bessere als Dumbledore zu töten!

Snapes Flucht war bis aus dem Schloss hinaus von Erfolg gekrönt, doch dort angekommen wurde er schließlich doch noch aufgehalten, und zwar von niemand anderem als Harry, der ihn offenbar verfolgt hatte und wütend Flüche nach ihm schleuderte. Snape schickte Draco Malfoy, den er immer hinter sich her gezerrt hatte, voraus und stellte sich Harry zum Duell. Sirius war von dieser Wendung der Ereignisse gar nicht begeistert. „Tu ihm nichts", bat er Snape deswegen, obwohl er keine Ahnung hatte, ob Snape ihn hören konnte, und er das Gefühl nicht los wurde, dass vielleicht in Wahrheit Snape, derjenige war, der in größerer Gefahr war, wenn man Harrys Gesichtsausdruck bedachte. Zumindest schien er ohne größere Probleme in der Lage zu sein alle von Harrys Angriffen abzuwehren und sich zugleich nicht dazu herabzulassen zurückzuschlagen. Wenn Harry jetzt nur begreifen würde, was sich vor sich ging, und damit aufhören würde Snape andauernd verfluchen zu wollen….

Doch dann wurde Harry doch noch getroffen, von dem Fluch eines anderen Todesessers. „Nein!", rief Snape wütend und unterbrach den Fluch, der Harry getroffen hatte, „Hast du auf die Befehle vergessen?! Potter gehört dem Dunklen Lord selbst, wir sollen ihn in Ruhe lassen!" Sirius fragte sich, ob das die Wahrheit war oder nicht, doch zumindest der andere Todesesser schien es zu glauben und ließ von Harry ab, doch leider hatte Harry nicht vor von Snape abzulassen, wie es schien. Und dann platzte diesem der Kragen und Harry lag ohne Zauberstab und ohne jede Chance auf Verteidigung vor Snape.

„Severus, lass ihn bitte, er kann dir nichts mehr tun, geh einfach!", bat Sirius seinen Schützling schnell, doch dieser schien ihn nicht zu hören, und Sirius konnte die Wut in seinen Augen und seiner Miene flackern sehen. "Du wagst es meine eigene Sprüche gegen mich zu verwenden, Potter? Ich habe sie erfunden – ich, der Halbblutprinz! Und du willst meine Erfindungen gegen mich benutzen, genau wie dein dreckiger Vater, nicht wahr? Aber das wird dir nicht gelingen … nein!", zischte Snape mit mühsam unterdrückter Wut, wodurch er noch furchteinflößender wirkte als sowieso schon.

„Severus!", rief Sirius, doch es war umsonst. Er wurde nicht gehört.

Harry versuchte seinen Zauberstab zu erreichen, doch Snape schickte diesen außer Reichweite. Sirius stellte sich zwischen Snape und Harry und meinte: „Severus, bitte, er ist doch nur ein Kind, ein Kind, das keine Ahnung hat, was vor sich geht!"

Harry begann inzwischen damit Snape zu beschimpfen: „Dann töte mich, töte mich, wie du ihn getötet hast, du Feigling!"

Snape erstarrte regelrecht und wurde dann noch wütender als zuvor. „Severus", flehte Sirius, doch es war umsonst. „WAGE ES NICHT MICH EINEN FEIGLING ZU NENNEN!", brüllte der ehemalige Zaubertränkelehrer und machte eine eindeutige Bewegung mit seinem Zauberstab. Sirius, der immer noch schützend vor Harry stand, wurde von etwas getroffen (vermutlich von Snapes Zauber) und dann … WUSCH … fand er sich im Jenseitigen Garten wieder.

„Nein!", rief Sirius erbost aus und rannte in Richtung Schleier zur Erde. Doch als er in den Schleier stürmte, wurde er mit einem Mal nach hinten davon geschleudert. „Was?!" Sirius sprang auf und versuchte sein Glück erneut. Er versuchte noch einmal den Schleier zu stürmen und konnte ihn erneut nicht durchqueren. „Nein, nicht jetzt! Verdammt, wann auch immer, aber jetzt darf es nicht sein!", schrie er laut auf, was ihm einige verwunderte Blicke von Schutzengeln in seiner Umgebung einbrachte. „Ich muss zurück!", rief er verzweifelt, doch es nützte nichts. Es war wie am Strand, der Schleier ließ ihn nicht hindurch.

Es ist zu spät!, wurde Sirius klar, Er hat ihn umgebracht. Snape hat Harry umgebracht, und das ist alleine meine Schuld. Ich habe ihn im Stich gelassen und nicht geholfen, als er mich gebraucht hat. Ich habe auf der ganzen Linie versagt! Ich hätte es verhindern müssen, es hätte gar nicht erst soweit kommen dürfen! Ihm schauderte. Vielleicht war er gar nicht mehr Snapes Schutzengel, vielleicht bedeutete die Tatsache, dass er nicht mehr zur Erde kam, dass er gefeuert worden war. Er hatte sich zwischen Snape und Harry gestellt, und vielleicht war das so interpretiert worden, dass er sich gegen seinen eigenen Schützling gewandt hatte und auf die Seite von dessen eingebildeten Feind gestellt hatte. Wer wusste schon, wie so etwas funktionierte?!

Aber so einfach konnte es doch gar nicht sein, oder? Sirius seufzte und trat vom Schleier weg. Dann ließ er sich verzweifelt auf die Knie sinken. Es war vorbei. Was immer es gewesen war, es war vorbei. Reg und Jack würden jetzt behaupten, dass er an allem schuld sei, dass er seine Pflichten vernachlässigt hätte, weil er einer imaginären Verschwörung Hier Oben nachgespürt hatte, und so weiter. Und vermutlich hätten sie damit sogar recht. Vermutlich war es wirklich so, dass er die Schuld trug. Verschwörung hin oder her. Er hatte seine Pflicht vernachlässigt, und er hatte Monate Zeit gehabt um einen Weg zu finden Snape davon abzubringen Dumbledore zu töten und dazu zu bringen herauszufinden, was Draco Malfoy vor hatte. Vermutlich war die Anwesenheit all der anderen Todesesser in Hogwarts dem Malfoy-Jungen zu verdanken gewesen. Und Snape war dadurch unter Druck gesetzt worden das zu tun, was er geschworen hatte zu tun. Mehrfach.

Ich habe es nicht ernst genommen. Nicht einen Moment lang. Nicht wirklich. Und deswegen ist Harry jetzt vermutlich tot.

Sirius war nicht klar gewesen, wie sehr Snape sie immer noch hasste, für all diese Dinge, die sie ihm während ihrer gemeinsamen Schulzeit angetan hatten. Doch als sein Schützling James und die Tatsache, dass dieser seine eigenen Zaubersprüche gegen ihn eingesetzt hatte, erwähnt hatte. … Der Hass und die Wut, die Snape deswegen immer noch empfand, hatten Sirius doch unvorbereitet getroffen. Seit damals war so viel zwischen ihnen allen vorgefallen, doch Snape, Snape hatte nie aufgehört an damals zu denken. Kein Wunder, dass er niemals bereit gewesen war Sirius zu vertrauen. Wer wäre das an seiner Stelle schon gewesen? Sirius selbst mit Sicherheit nicht.

Er wusste nicht wie lange er da gekniet und ins Nichts, das der Verzweiflung sehr ähnlich sah, gestarrt hatte. Doch mit einem Mal fand er sich an einem anderen Ort wieder. Er stand auf und brauchte einige Sekunden um sich zu orientieren.

Es sah nach Erde aus, nicht nach der Abteilung für Jenseitige Dienste. Es war ein finsteres Zimmer, in dem sich niemand außer ihm und Snape befand. Sirius selbst stand in einer Art Pentagramm. Hat er mich hierbeigerufen?, wunderte er sich, Als wäre ich ein billiger Dämon aus einem Muggel-Horrorfilm?

Snape sah ihn direkt an. „Er ist nicht tot, falls du das denkst. Ich habe ihn nicht getötet. Das würde ich niemals tun", erklärte er. Sirius fühlte wie unendliche Erleichterung ihn durchflutete. Harry war am Leben! Er war nicht tot! Sirius hatte doch nicht vollkommen versagt!

„Das ist gut", meinte er erleichtert, „Das bedeutet, wir können jetzt damit anfangen zu überlegen, wie es von nun an weiter gehen soll, und …."

„Ich weiß schon wie es weiter geht", unterbrach ihn Snape, „Ohne dich, geht es weiter."

Sirius blinzelte. „Was? Nicht schon wieder, wir hatten das doch alles schon und-", begann er, doch Snape ließ ihn nicht ausreden.

„Es spielt nämlich keine Rolle, dass ich den Jungen am Leben erhalten habe. Dumbledore ist tot, er starb durch meine Hand, alle wissen davon und halten mich für einen Verräter und Mörder. Und sie haben natürlich auch Recht damit, wenn auch nicht so, wie sie denken", erklärte er.

„Severus", setzte Sirius erneut an, doch wieder ließ ihn der andere nicht zu Wort kommen.

„Nein, du wirst mir jetzt zuhören. Offenbar bist du auf irgendeine Art immer noch vorhanden, und offenbar bist du wirklich zu dem geworden, was man einen Schutzengel nennt. Es war schwierig Aufzeichnungen über diese Art von Wesen zu finden, aber letztlich ist es mir gelungen, und wie du siehst, habe ich Dinge über dich gelernt, die nicht einmal du weißt. Als der Fluch dich traf, wusste ich nicht, ob du damit nicht vielleicht vernichtet wurdest, doch da du nun hier vor mir stehst, nehme ich an, dass das nicht der Fall war. Du existierst noch, und das ist gut so, aber es ändert nichts daran, dass ich kein Interesse an deiner Hilfe, deinem Rat oder deinem Schutz habe. Du hast mich im Stich gelassen. Du warst wochenlange verschwunden. Und in diesen Wochen ist mir eines klar geworden: Es würde nie funktionieren. Wer immer dich mir zugeteilt hat, der hat sich eine Art kosmischen Scherz mit uns beiden erlaubt, verstehst du? Hier ist etwas, das du nicht weißt: Ich bin der Grund für den Tod von Lily und James Potter. Trelawneys Prophezeiung damals, ich habe sie mitgehört, zumindest teilweise, und bin sofort losgegangen um sie dem Dunklen Lord mitzuteilen. Ich hatte natürlich keine Ahnung, auf wen sie sich bezog. Ich wusste nicht, dass er die Potters auswählen würde und sich auf ihr Kind einschießen würde. Ich flehte ihn an zumindest Lily zu verschonen, doch natürlich hätte mir klar sein müssen, dass sie niemals den Mord an ihrem Kind dulden würde, egal was ansonsten alles so passieren würde. Als er sie getötet hatte … da wurde mir klar, was ich getan habe, und dass es nichts auf dieser Welt gibt, das ich tun kann, um es wieder gut zu machen. Seit dem habe ich alles getan um ihren Sohn am Leben zu erhalten, doch es hat sich herausgestellt, dass auch das umsonst war. Dumbledore hat mir gesagt, dass es nur einen Weg gibt um den Dunklen Lord zu vernichten: Harry Potter muss sterben. Und nun, da Dumbledore tot ist, fällt mir die Aufgabe zu ihm das mitzuteilen. Und das auch noch jetzt, da er mir nicht mehr vertraut. Ich habe Lily enttäuscht, aber das ist nichts im Vergleich zu der Enttäuschung, die ich ihr noch bereiten werde. Du willst gar nicht mein Schutzengel sein, Black. Warum solltest du es auch wollen? Geh zurück dorthin, wo du herkommst, und kümmere dich um deine Angelegenheiten. Du kannst weder den Jungen, noch deinen Werwolf, und schon gar nicht mich retten. Wir sind alle verloren. Du solltest Bella danken, dank ihrem Übereifer bist du wenigstens insofern davon gekommen, dass dir das Schlimmste erspart geblieben ist. Du hast keinen Anteil mehr an diesem Krieg, du bist nur noch ein Beobachter, und auch damit ist nun Schluss. Goodbye."

Sirius öffnete den Mund um endlich zu Wort zu kommen, doch im nächsten Moment fand er sich erneut im Jenseitigen Garten wieder. Na wunderbar. Ist das alles gerade wirklich passiert?, fragte er sich.

Die Dinge, die Snape ihm gesagt hatte, begannen erst jetzt zu wirken. Nur langsam wurde ihm deren Bedeutung klar. Und dann fand er sich mit einem Schlag erneut woanders wieder. Nämlich in Damian Abrams Büro. Langsam aber sicher wurde dieser Ort ein alter Bekannter für ihn.

Damien saß hinter seinem Schreibtisch und starrte Sirius resignierend an. „Nun, Mister Black, das ist höchst irregulär. Was haben Sie nun schon wieder angestellt?", fragte er vorwurfsvoll.

Sirius nahm auf dem Stuhl vor Abrams Schreibtisch Platz und war dann selber überrascht über die nächsten Worte, die aus seinem Mund kamen: „Nun, offenbar wurde ich gerade gefeuert. Aber die Sache ist die: Severus Snape besitzt weder die Autorität noch die Befugnis dazu um mich zu entlassen. Also bleibt ihm keine andere Wahl: Ich wurde ihm als Schutzengel zugeteilt, und ich plane meinem Job in Zukunft auch weiterhin nachzukommen. Ich werde ihn retten. Ob es ihm passt oder nicht."

Damien Abrams musterte ihn prüfend. Dann begann er zu Sirius' Überraschung damit zu lächeln. „Gut", meinte er, „Das nenne ich endlich mal einen Anfang."


Fin.


Wird in Schutzengel II fortgesetzt.


A/N: Ja, ich weiß. Ich habe die Fic hier mitten drinnen in der Handlung mit einem Cliffhangar beendet. Dafür gibt es mehrere Gründe: Sie wird immer länger und es ist kein Ende im Sicht. Ich habe technische Probleme, die auch vor allem immer wieder diese Fic betreffen zu scheinen. Ich habe weniger Zeit zum updaten. Und es schien mir ein guter Punkt die Fic zu beenden, weil sich hier Sirius' Einstellung wirklich ändert und handlungstechnisch ein neuer Abschnitt beginnt.

Und, ja, es wird eine Fortsetzung geben. Wann die kommen wird, kann ich noch nicht sagen, da spielen mehrere Faktoren eine Rolle, unter anderem auch, dass ich mich entscheiden muss, ob ich zuerst den nächsten Teil von „Harriet Potter" schreibe oder den zweiten Teil von „Schutzengel". Entsprechende Reviews, in denen Leser ihre Meinung kundtun, helfen mir mich zumindest in dieser Hinsicht zu entscheiden.

Daher bitte ich zum letzten Mal um: Reviews?